Achtung: die vorliegende Version des Artikels ist ein Rough-Draft. Der Original-Artikel ist in Ausgabe 02/2002 des Magazins LinuxUser abgedruckt.

Internet-Plattformen für Software-Entwickler und Anwender

SourceForge & Co.

von Andreas Bauer


Sicherlich wird niemand ernsthaft behaupten wollen, dass Linux ohne die Mithilfe von tausenden Anwendern und Entwicklern weltweit die breite Akzeptanz errungen hätte, die es heute geniesst. Doch wie koordinieren Autoren umfangreicher Open-Source Projekte die vielen Aufgaben und das User-Feedback? Oftmals geschieht dies durch sehr spezielle Werkzeuge, die unentgeltlich von Dritten zur Verfügung gestellt werden. Eine beliebte Möglichkeit, solche Dienste sowohl als Entwickler wie auch als Anwender in Anspruch zu nehmen, bietet die amerikanische Internet-Plattform SourceForge. Doch es gibt auch Alternativen.

Wie die meisten Projekte, die es verwaltet, ist auch SourceForge selbst "Open-Source". Dabei spielt es keine Rolle, dass SourceForge kein eigenständiges Software-Paket zum Herunterladen ist, sondern eine Internet-Plattform, deren wichtigstes Interface das World Wide Web ist [1]. Darüber werden Mailing-Listen eingerichtet, Quelltexte aktualisiert, Feedback entgegengenommen und noch unzählige andere Aufgaben erledigt. SourceForge bietet insgesamt mehr als 27000 verschiedenen Projekten Platz auf ihren Festplatten, sowie Dienstleistungen, die jedem, der sie benötigt, kostenlos zur Verfügung stehen. Bekannte Beispiele sind MiKTeX, der Window-Manager Enlightenment, oder die Implementierung der Programmiersprache Python.


Abb. 1: Eine typische Projekt-Seite auf SourceForge

Leider ist es gerade für Neulinge und Nicht-Programmier-Profis manchmal schwierig, nicht in der Funktionsvielfalt von Projekt-Seiten, die auf den SourceForge Servern liegen, zu ertrinken. Da die einzelnen Seiten allerdings stets gleich aussehen (siehe Abbilding 1), kann man sich mit ein wenig Hintergrundinformationen schnell an SourceForge gewöhnen.

Artenvielfalt

Bevor wir damit beginnen, die wichtigsten Funktionen von SourceForge vorzustellen, sollten auch die Alternativen erwähnt werden, denn mittlerweile gibt es ähnliche Dienstleistungen auch von anderen Anbietern und in anderen Ländern, wie z. B. in Deutschland mit BerliOS [2]. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie ebenfalls die SourceForge Software einsetzen und somit im Grossen und Ganzen die gleichen Werkzeuge und Schnittstellen bieten. Für Projekte der Free Software Foundation gibt es unter anderem Savannah [3], das dem Original zum verwechseln ähnlich sieht. Wenn man sich also in einer der Plattformen zurechtfindet, ist es genauso einfach, jedes andere Derivat zu bedienen, denn sie funktionieren nach dem gleichen Prinzip und bauen auf den gleichen Komponenten auf.

Nicht nur für Profis

Doch nicht nur Entwickler von Software sollten sich mit den frei verfügbaren Tools auskennen - auch die Anwender sind gefordert, sich auf den umfangreichen Web-Oberflächen der Internet-Plattformen zurecht zu finden, nämlich immer dann, wenn es um Updates oder Bug-Reports zu Programmen geht, die sich die Möglichkeiten von SourceForge & Co. zu eigen machen. Feedback dieser Art wird z. B. von einem Bug-Tracker entgegengenommen, wohingegen ein Update meistens über ein CVS-Repository abgewickelt wird. Ähnlich wie in diesen beiden Fällen gibt es für nahezu alle Aufgaben, die bei einem Software-Projekt anfallen, spezialisierte Werkzeuge.


Abb. 2: Die übliche "Werkzeugkiste"

In Abbildung 2 sieht man die üblichen Auswahlmöglichkeiten eines Projekts, das auf den freien Entwickler-Plattformen zuhause ist. Am häufigsten jedoch wird man als Anwender auf die diversen Kommunikationsmechanismen zurückgreifen wollen. Dazu zählen das Einschreiben in Mailing-Listen, Foren und die erwähnten Tracker. Um sich beispielsweise bei einer Mailing-Liste anzumelden, folgt man dem Link unter "Public Areas" und verwendet das entsprechende web-basierte Formular, welches sich dahinter verbirgt. Einige andere Dienste erfordern allerdings die Registrierung des Anwenders bei dem zugrundeliegenden Dienstleister. Doch das ist keine echte Einschränkung, da die Anmeldung ebenfalls kostenlos ist und die neuen Mitglieder zudem zu nichts verpflichtet. Eine gültige e-Mail Adresse reicht also völlig aus.

Etwas aus dem Rahmen fällt der Link zur "Project Home Page" in dieser Werkzeugkiste. Nicht jedes Projekt hat eine zusätzliche Internet-Seite und wenn, dann kann man sicher sein, dass diese sehr individuell gestaltet ist, denn es obliegt den Autoren, was sie dort anbieten und wie sie die Inhalte optisch gestalten.


Project Home Page: Die "Project Home Page" ist nicht zwingend integraler Bestandteil von Projekten der SourceForge-ähnlichen Plattformen. Die gängigen Schemata zur Unterscheidung der funktionalen Projekt-Seite (also dem Teil, den wir in diesem Artikel besprechen) von der frei gestaltbaren Internet "Home Page" des Projekts sieht dabei so aus: unter der Adresse http://sourceforge.net/projects/Projektname/ befindet sich die "Werkzeugkiste" und alle damit verbundenen Dienste, während die Adresse http://Projektname.sourceforge.net/ normalerweise auf die indivdiuelle Internet-Präsenz verweist. Was dort zu finden ist, hängt einzig und alleine vom Ideenreichtum der Software-Entwickler ab.

Download neuer Programme

Will man ein neues Programm von einer der Entwickler-Plattformen beziehen, so bieten sich dem Anwender mehrere Möglichkeiten. Entweder er folgt den "Latest File Releases" (siehe Abbildung 1), um die Dateien direkt auf den eigenen Rechner zu übertragen, oder aber er bedient sich des Anonymous-FTP bzw. lädt eine ältere Programm-Version aus dem Archiv. Auch das ist möglich, da zu einer guten Entwicklungsumgebung auch Platz für alte Dateien gehört. Zudem ist die aktuelleste Version einer Software nicht automatisch die stabilste, so dass dieses Feature durchaus Sinn macht. Erreichbar ist das Archiv über die horizontale Funktionsleiste am oberen Rand der Seite unter dem Eintrag "Files".

Jede dieser Möglichkeiten wird stets den komprimierten Source-Tarball anbieten, der die Quelltexte zur Übersetzung enthält. Viele Projekte bieten aber auch RPM- und DEB-Pakete an, die dann mit den entsprechenden Paket-Managern direkt installiert werden können.

Anonymous-FTP wird meistens nur zur Sicherheit bereitgestellt, falls die anderen Download-Mechanismen streiken, oder falls es wegen Überlastung vorübergehend zu Engpässsen kommt. BerliOS und Savannah bieten dies ebenfalls an, während SourceForge sich in diesen Tagen von dem Dienst trennen wird.

Updates

Etwas anders verhält es sich, wenn Sie bereits eine Version eines bestimmten Programms installiert haben und lediglich die neuesten Entwickler-Patches und Erweiterungen beziehen wollen. Obwohl es für 'brandaktuelle' Programmänderungen meistens keine eigenständige Release der Software gibt, kann man trotzdem schon von ihnen profitieren. Durch einen Anonymous-CVS Server ist es jedem beliebigen (nicht notwendigerweise als Benutzer registrierten) Anwender möglich, den aktuellen Quelltext eines Programms herunterzuladen und diesen dann auf dem eigenen Rechner zu übersetzen. Wie das im Detail funktioniert, finden Sie auch in unserer Ausgabe 08/2001, "Programm-Versionen verwalten wie die Profis mit dem Concurrent Versions System". In den meisten Fällen reichen jedoch zwei Kommandos aus:

cvs -d:pserver:anonymous@cvs.Projektname.sourceforge.net:/cvsroot/Projektname login
cvs -z3 -d:pserver:anonymous@cvs.Projektname.sourceforge.net:/cvsroot/Projektname co Modulname

Die beiden Zeilen müssen auf der eigenen Konsole abgesetzt werden und funktionieren nur, wenn ein CVS- und Secure-Shell-Client installiert sind. Dabei handelt es sich allerdings um zwei Standardkomponenten, die bei allen gängigen Linux-Distributionen automatisch mit eingerichtet werden. Ausserdem muss natürlich "Projektname" und "Modulname" durch den zum Projekt passenden Eintrag ersetzt werden. Nach einer kurzen Pause wird CVS eine Passwort-Anfrage stellen, die man getrost durch Drücken der Return-Taste 'überspringen' kann, um mit dem Download der neuesten Quellen fortzufahren.

Kontaktaufnahme

Will man sich aktiv an einem Projekt durch Verbesserungsvorschläge oder Diskussionsbeiträge beteiligen, wird man in aller Regel auf die Mailing-Listen verwiesen. Stehen mehrere Listen zur Auswahl, sollte man nach den Kürzeln "Announcements" oder "Users" Ausschau halten. Diese stehen für Ankündigungen und Informationsaustausch, wohingegen die Abkürzung "Dev" im Namen der Liste darauf hindeutet, dass es hier um die Kommunikation zwischen Software-Entwicklern geht. Man muss sich aber darüber im klaren sein, dass das Abonnieren einer Liste unter Umständen mehrere Dutzend e-Mails pro Tag zur Folge hat!

Ist man nicht daran interessiert, permanent alle Diskussionsbeiträge frei Haus geliefert zu bekommen, und will sich dennoch einem Projekt mitteilen, dann kann man als registrierter Benutzer auf die Foren und die Feedback-Tracker ausweichen. Die Bedienung ist denkbar einfach und über Web-Formulare realisiert, wie es in Abbildung 3 dargestellt ist. Zusatz-Software ist nicht nötig. (Für die Mailing-Listen muss man zumindest über einen e-Mail Client verfügen.) Die Foren funktionieren nach einem sehr ähnlichen Schema.


Abb. 3: Der web-basierte Bug-Tracker

Nützliche Spielereien

Die mächtigen Internet-Plattformen bieten zudem auch ausgefallene Features, wie die Möglichkeit zur Durchführung von Umfragen (Surveys). Damit können Entwickler gezielt die Anwender nach ihrer Meinung befragen und überlassen die Auswertung den automatisierten Werkzeugen im Hintergrund. Auch ist es möglich, vor einem CVS-Abgleich die neuesten Änderungen am Quelltext zuersteinmal bequem über ein Web-Interface zu begutachten. Somit kann man sich vorab über Art und Umfang der neuen Features informieren.

Ultimativer Wegweiser

Die hier vorgestellten Features beschränken sich auf das Elementare. Um jedoch den vollen Leistungsumfang von SourceForge & Co. zu erforschen, ist es notwendig, einen Blick auf die ausführliche Dokumentation zu werfen. Ein Link zu den globalen Dokumenten befindet sich bei allen Projekten am linken Seitenrand. In den mehrsprachig verfügbaren Anleitungen findet man wertvolle Hinweise zur Installation von CVS, Secure-Shell oder auch einfach nur zur Mitgliedschaft in der Community.

Infos
[1] http://sourceforge.net/
[2] http://www.berlios.de/
[3] http://savannah.gnu.org/

Die Umgebung, die SourceForge kreiert hat und seit mehreren Jahren kontinuierlich verfeinert, wirkt sehr durchdacht und erweist sich im täglichen Einsatz als ungemein nützlich. Sie zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass Sie die grundlegenden Funktionen so unkompliziert wie möglich zur Verfügung stellt und höheren Anforderungen durch komplexe Profi-Tools gerecht wird. Doch egal, ob Sie nun zu den Open-Source Neulingen oder den Alten Hasen zählen, ein bisschen auskennen sollten Sie sich mit dieser Art von Entwickler-Plattform auf jeden Fall, denn die Zahl der neu registrierten Projekte wächst beständig.

Der Autor
Andreas Bauer ist Student der Informatik an der Technischen Universität München. Er hat schon öfter Artikel für LinuxUser verfasst und kann über baueran@users.sourceforge.net erreicht werden.